Auf den Spuren und des mobilen Reisens
Im Frühjahr 2020 war ich in der Schwäbischen Alb unterwegs und begab mich auf die Spuren des mobilen Reisens - zum Erwin Hymer Museum nach Bad Waldsee. Geographisch liegt das Städtchen zwischen Ulm und Bodensee.
Mich wundert ehrlich gesagt, dass ich erst so spät auf diesen Gedanken kam, in die Wiege des Reisens zu blicken. Schließlich bin ich schon seit Kindesbeinen an Camperin und das Hinterfragen und das Eintauchen in Themenbereiche, die mich interessieren, sind meine Leidenschaft.
Wahrscheinlich hat wie immer alles seine Zeit und so kam der Ausflug ins Museum im Corona-Jahr 2020. Und zwar gerade noch zur rechten Zeit, nämlich kurz vor dem Lockdown Nummer 1.
Das Museum mit einer Dauerausstellung auf 6.000 qm Fläche ist wirklich ein architektonischer Blickfang und das Gebäude ist bereits Minuten vor der Ankunft zu sehen. Vom Parkplatz aus wandert Dein Blick über die Grasflächen hinweg Richtung der riesigen Fensterscheiben. Dahinter verbergen sich die Schmuckstücke der Ausstellung, die Du bald entdecken darfst. Das hört sich doch schon mal nach einem wunderbaren Aufenthalt mit viel Geschichte und Wissenswertem an.
Apropos Fenster: Wusstest Du, dass der liegende Bau des Komplexes ein Caravan-Fenster symbolisiert? Was für eine tolle Idee, oder? Kannst Du das Caravan-Fenster erkennen?
Und wenn wir schon von Eye-Catchern reden: wie findest Du denn dieses Foto? Also ich finde es richtig gut in Szene gesetzt.
Adresse:
Erwin Hymer Museum
Robert-Bosch-Str. 7
Tel.: 07524 - 97 66 76 00
Email: info@erwin-hymer-museum.de
Mehr als 100 Jahre Geschichte des Reisens - die Ausstellung
Von Anfang an ist Dein Museums-Tag geprägt von der Geschichte des mobilen Reisens.
Es wird erzählt von den Traumrouten der 60-er, von den Abenteuern der Menschen und ihren Urlaubsträumen. Ich als Kind der 70er konnte mir so gut vorstellen, wie meine Eltern damals im VW zum Union Lido fuhren. Es geht aber nicht nur um "Bella Italia", sondern auch um Hippie-Trails nach Indien oder Reisen gen Norden.
Die Ausstellung taucht nicht nur in die Geschichte ein, sondern visioniert auch den Trend des mobilen Reisens in der Zukunft, angefangen vom autonomen Fahren bis hin zu Sharing-Fahrzeugen und Leih-Mobilen und last not least: die Verwirklichung von (2) "Quality Time on Wheels" (Link zur Presse-Information vom 18.02.20), nämlich dem steigenden Wunsch nach sinnvoll und bewusst verbrachter Freizeit für alle, für die Familie, für den Job und letztendlich: für sich selbst.
Der Besuch ist auch für die Kleinen geeignet, da die Ausstellung sehr großzügig gestaltet ist und viele interaktive Stopps zum Mitmachen einladen. Der ideale Ausflug für die ganze Familie zum Staunen, Ideen-Holen und Inspiriert-Werden für die nächste Reise. Mir ging es auf jeden Fall so:-) Und wer weiß, welche Familie nach dem Museums-Tag die Idee zum eigenen Fahrzeug mit nach Hause brachte. Zwinker...
Historisch: Was Erwin Hymer mit dem Flugzeugbau zu tun hatte
"Ihnen muss was einfallen" (1), so hat es wohl der damalige Flugzeugpionier Claudius Dornier an Erwin Hymer aufgetragen, als dieser im spanischen Team an der Entwicklung des 1. Nachkriegsflugzeuges mitarbeitete. Erwin Hymer war damals als junger Mann und Ingenieur im Team des Professors tätig und dieser wusste sehr wohl um den Einfallsreichtum des jungen Herren.
Und dieser innovative Ideenreichtum begleitete Erwin Hymer sein Leben lang . Wenn ich darüber nachsinniere, dass durch ihn das mobile Reisen vom Schwäbischen in die Welt ging, bekomme ich ein wissbegieriges Kribbeln im Bauch. Gerne wäre ich Zeitzeuge gewesen, um die Visionen und Gedanken von Erwin Hymer mitzuerleben.
Dazu gibt es übrigens einen ausführlichen Bericht auf der Website von www.erwin-hymer-museum.de mit dem Titel (1)"Von Bad Waldsee aus hat er ganz Europa erobert". Lest gerne nach. Da wird auch die Geschichte des ausgestellten roten "Motorrädle" erzählt. Oder auch, was geschah, als Erich Bachem (Ingenieur, Konstrukteur und Pionier in der Raketentechnik) ihn fragte, ob er ihm vielleicht einen Wohnwagen bauen könnte:-) Hm ... gesagt....getan :-)
2011 - das Jahr der Stiftung und Erwin Hymers berufliches Vermächtnis
Hymer - ein Name ein Begriff. Erwin Hymer war Unternehmer und Erfinder des Hymermobils. Er war Ingenieur, hatte wie gesagt einen enormen Erfindungsgeist und war zudem noch ein leidenschaftlicher Sammler mit einer aus aller Welt zusammengetragenen Sammlung an historischen Fahrzeugen.
Seine Idee hinter der Stiftung war nicht nur das Schaffen einer umfangreichen Ausstellung, sondern auch um die Menschen für das mobile Reisen zu begeistern - und weiterhin Sehnsüchte zu wecken. Dies gelingt zweifelsohne beim Durchwandern der bunten Ausstellung durch die Epochen.
Ausgestellt sind ca. 250 Fahrzeuge, darunter über 80 Oldtimer und historische Fahrzeuge, ein Eldorado an Zeitzeugen und vergangenen Geschichten. Das älteste Ausstellungsstück ist ein Schäferkarren aus den 1850-ern :-) Das Ausstellungsareal selbst ist einem Alpenpass nachempfunden, das heißt der Weg durch die Exponate verläuft ansteigend und geschwungen. Wie die Passstraßen Richtung Süden. Andiamo!
Nice to know: Welche Marken gehören heute zur Erwin Hymer Group?
Zum Konzern der Erwin Hymer Group gehören die Wohnmobil- und Caravanmarken Hymer, Eriba, Dethleffs und Bürstner, Laika und Niesmann & Bischoff sowie LMC und TEC, Hersteller Capron mit Carado und Sunlight.
Und nun gehen wir auf einen kleinen Rundgang
Der Car-Cruiser (1932) aus England - den Wurzeln des europäischen Caravanings
Dieses Fahrzeug hat es mir angetan. Ist das nicht nett, schaut mal auf die Accessoires: der Tisch, die Kommode, das Porzellan.
Die stromlinienförmige Bauweise des Wohnwagens kam übrigens aus der Fliegerei und dieser Car-Cruiser wurde ab 1925 in Serie hergestellt. Zum Inventar zählten hier: Teekannen, Porzellan, Wasserkanister und: ganz wichtig, Eierbecher. Heimelig, oder? Wie bei Oma...
Viva Italia - andiamo ! Kommen da Erinnerungen hoch?
Ende der 50-er ging die erste große Reisewelle in Richtung Italien los. Das Wirtschaftswunder hatte das ermöglicht und der VW Käfer galt als der Maßstab für Wohnmobile in leichter Bauweise - käferfähig sozusagen. Der berühmte Campingplatz NSU Lido di Cavallino wurde 1955 eröffnet und er galt als Europas erster moderner Campingplatz.
Wir standen da auch schon vor Jahren, unter den großen Pinienbäumen, umgeben von absolut durchgängig gepflegter Anlage. Die Mittagspause wird übrigens per Lautsprecher angesagt. Fast schon ein bissel deutsch - diese Richtlinie:-) In den Haupt-Einkaufs-Passagen am Eingang wurden alte Fotos der VW-Zeit ausgestellt, schwarz-weiss natürlich und stellvertretend für das "Viva-Italia-Feeling" bei den Menschen damals.
Slide-Outs der 1950-er
Das fand ich ja mal interessant! Slide-Outs!! Wer US Fahrzeuge und sogenannte XXL Reisemobile kennt, der hat den Begriff "Slide-Out" sicherlich schon mal gehört. Mit Hilfe der Slide-Outs werden Seitenteile des Wohnmobils ausgefahren, um den Innenraum nach außen hin zu vergrößern. Meist ist das im Wohnzimmer- und dem gegenüberliegendem Küchenbereich. Ein Slideout fährt ca. 80 cm aus. Das beutetet unglaubliches Wohnraumgefühl.
Im Museum fand ich nun ein Exponat, genannt die "Knospe" aus dem Jahr 1957. Hans Austermann präsentierte sein erstes Wohnwagenmodell, das sich mit Hilfe von Kurbelmechanismen wie eine aufgehende Blüte in die Breite entfalten konnte. Diese erste Form der Slide-Out-Technik fand seinerzeit hohen Anklang. Heutzutage geht das auf Knopfdruck und innerhalb von Minuten ist der Wohnraum um einiges vergrößert.
Ein VW T1 Eigenausbau - ein echtes Hippie-Mobil
Das ist ja wohl ein Eye-Catcher: bunt wie das Leben und was könnte dieser T1 an Storys erzählen. Wie ich las, wurde er nie restauriert, aber natürlich immer "betüftelt". So gehört sich das. Ausrüstung, Innenleben, Souvenirs könnten wahre Geschichten erzählen und wurden auf Fahrten nach Indien, Nepal und Sri Lanka erworben. Jedes Stück ein Unikat - wie der VW selbst. Einfach schön ...und wieder wäre ich gerne in einer Zeitmaschine unterwegs.
Das musste ich fotografieren: Kindheits-Erinnerungen
Wie nett zu sehen, ich hatte ein Déja-vu, denn wir Kinder hatten sie zu Hause, die Camper von Mattel für Ken und Barbie :-). Die Mädelsvariante befuhr ich und die Abenteuer-Sache war in Händen meines jüngeren Bruders. Hach, was war Ken doch ein wilder Bursch‘.
Hm... ging der Virus "Campingleben" da schon los?
Zum guten Schluss: der Hymer Vision Venture in Kooperation mit BASF (Konzeptfahrzeug)
Das ist ja wohl ganz mein Ding. Wir sehen hier eine Kooperation zwischen Hymer und BASF und der Frage oder dem Anliegen: wie sieht modernes Wohnen aus, welche Materialien werden in Zukunft verbaut? Mit diesem Projekt vereinigen sich Pioniergeist und Einfallsreichtum mit mehr als 20 modern-innovativen Materialien von BASF.
Eine ausführliche Beschreibung des Concept Car findest Du in diesem Artikel:
Oder du schaust mal hier rein...in das ausführliche Video zum Fahrzeug
Übrigens: Im großen Eingangsbereich befindet sich der Museums-Shop mit einer ausgewählten Anzahl an Mitbringseln, Souvenirs und einschlägiger Camping-Literatur. Hier wurde auch ich fündig mit vielen Büchern im Outdoor-Bereich und einem kleinen Flower-Power-Bulli, der auf meiner Van-Reise-Zeit als Maskottchen immer dabei ist und auch mein Bulli-Logo ziert.
Ab ins Städtchen - Bad Waldsee
Kleiner Ausflug noch gefällig? In der Nähe des Stadtsees kannst du parken und zu Fuß Richtung Innenstadt direkt am Stadtsee entlang laufen. Der See entstand vor ca. 16.000 Jahren durch die Eiszeit. Das Wahrzeichen der Stadt ist der 60 m hohe Turm der Stiftskirche St. Peter und der Hochaltar wurde von Dominikus Zimmermann geschaffen, dem Erbauer der Wieskirche in der Nähe von Steingaden im Allgäu. Bad Waldsee hat einen charmanten Stadtkern, ein sehenswertes Museum im Kornhaus und viele kleine Lädchen.
Quellverweis:
(1) Text von Siegried Großkopf, 2010 "Von Bad Waldseee aus hat er ganz Europa erobert".
(2) "Quality Time on Wheels - mobile Raumwunder für Freizeit, Familie und Beruf", Presse-Information vom 18.02.20
Mein persönliches BULLI-PROOF zu diesem Ausflug?
Einfach mit zwei Worten:
WISSENS-WERT und ERLEBENS-WERT
das Erwin Hymer Museum mit einer umfangreichen Ausstellung
und vielen Impressionen zu den Anfängen des mobilen Reisens.
Geeignet für die ganze Familie, um für einen Tag in mobile Ursprünge einzutauchen.
Ich habe es genossen :-)
PS: weiterer Blogartikel zum Erwin Hymer Museum:
spezieller Blogpost über die Pioniere des mobilen Reisens
aus der Vor- bzw. Nachkriegszeit
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